Ausflug nach Lützelflüh

9. Mai 1968

Am 9. Mai lachte nach langen Regentagen ein herrlicher Morgen über unser Dorf. Wir Frauen waren besonders dankbar dafür, den heute machten wir unseren Vereinsausflug. 79 Frauen wurden in drei Autos verpackt, und die Reise begann. Die zwei Pfarrherren gaben uns das Geleit. Ganz besonders freuten wir uns, dass unserer prodestantischen Mitschwestern unserer Einladung gefolgt waren. Mit einem ersten frohen Lied ging die Reise über Kriens hinüber ins Entlebuch. Das grösste Buch hatte seine schönsten Seiten aufgeschlagen. Die saftigen, grünen Matten zogen sich hin bis zum letzten Resten Schnee. Die blühenden Bäume grüssten wie weisser Farbklexe im tiefen Grün. Von einer Anhöhe grüsst uns das Marienheiligtum in Werthenstein.

Mit heimlicher Freude sahen wir in den Dörfern die Frauen emsig ihre Arbeit tun. Wir hatten heute Feiertag. In rassiger Fahrt gings hinüber ins Bernbiet. Unzählige schön gepflegte Gärten zeugten von fleissigen Frauenhänden. Die Pflege der Blumen ist den Berninnen eifach gä.

Bald grüsste uns ein kleines, verträumtes Dorf mit wunderbaren alten Bauernhäusern, Speichern und Stöckli. Lüzelflüh die Heimat von Jeremias Gotthelf. Fast glaubte man sich 100 Jahre zurück versetzt. Ob nicht das «Änneli und der Jakobli» irgendwo Hand in Hand durch die Matten ging, ober das Mädi hinter dem Haus mit den Hühnern zankte. Aber nichts von alldem. Vor uns erhob sich ein stattliches Wirtshaus zum Ochsen und das war uns ja auch recht. Bald hatten sich alle «gsädlet» und ein schmackhaftes Mittagessen erfreute uns. Die Frau Wirtin hatte ihrem Metzger ganz schön «küschelet» die Rippli waren saftig und schmeckten herrlich.

Als Gast weilte Pfarrer Küenzi mit seiner Frau bei uns. Er freuts sich, dass die Lungerer Frauen den Weg zu ihnen gefunden und so eine kleine Brücke schlagen zwischen Katholisch und prodestantisch.

In launigen Worten brachte Pfarrer Küenzi uns Jeremias Gotthelf näher. Wir hörten wie träf er seine Mitmenschen beschrieb. Heucheln war nie seine Art. Auch mit den Herren von Bern war er nicht immer gleicher Meinung. Besonders für die Armen und Verschupften hatte er ein gutes Herz. Seine ganze Art zu leben, lesen wir in seinen Büchern.

Noch lange möchten wir in diesem verträumten Emmentaler Dörfchen bleiben. Aber so eine Schar Frauen darf nie lange säumen. Die drei braven Rösser brachten uns über Thun dem Obwaldnerland wieder näher.

Die schöne Heimfahrt durch das gesegnete Bernerland, liess einem doch dem Herr Gott danken, für die grosse Fülle, die er über uns ausgiesst. Manch herzlich frohes Lied war ein Dank für den schönen Tag.

Mit neuem Mut gehen wir wieder in unseren Alltag.
E. Ming, Aktuarin