Ausflug ins Lötschental
9. August 1955
Am Mittwoch den 9. August morgens ½ 5 Uhr gab die Glocke der Kirche das Zeichen, dass der Frauen- und Mütterverein den geplanten Ausflug ins Lötschental mache.
Halb 7 Uhr war Abfahrt beim Hotel Löwen. Auf allen Gesichtern zeigte sich grosse Freude. In voller Erwartung fuhren wir, wie schon mancher In- und Ausländer dem Brünig zu ins Berner Oberland.
Am Brienzersee entlang begrüsste uns die Sonne, wir freuten uns ihres so sehr, dass das Brenner Anni grad ein Lied anstimmte, dem alle Frauen aus voller Kehle mit halfen zu singen «z’Bärner Oberland ischt schen».
In solcher frohen Stimmung ging’s weiter nach Interlaken, und dem Thunersee entlang nach Spiez, dort zweigte das Auto ab gegen Aeschi, Frutigen. Typisch Bernerisch sah es da aus, denn die bekannen langsamen Berner hatten noch den 1. August Fahnen draussen.
Unser hochw. Herr Präses machte uns aufmerksam auf die schönen Gipfel und Berge die sich von Tal und Firn zeigten. Wir hatten das Gefühl, dass auch diese sich an unserem Ausflug freuten.
Der Kander entlang merkte man, dass es zu steigen anfing. Das Gras wurde immer spärlicher und manches Bäuerlein war an der Arbeit das letzte noch zu sammeln für den Winter. In Kandersteg waren unsere Autos am Ziel bis an die einen, wo noch einen Abstecher gegen das Simmental machten (Der Chauffeur hatte sich geirrt).
Zur Abfahrt mit der Bahn durch den Lötschberg nach Goppenstein hatten sich dann doch alle eingefunden. In Goppenstein ausgestiegen gab es wieder ein Einsteigen für mit Postauto nach Ferden und Kippel zu fahren. In Kippel suchten wir das schöne alte Kirchlein auf, wo unser hochw. H. Präses eine hl. Messe zelebrierte, die einige Mütter mit ihrem Gesang feierlich gestalteten. Auch unser Lieben daheim wurden im gemeinsamen Gebet gedacht und für Kanke und verstorbene Mitglieder gebetet.
Nach der seelischen Stärkung verliessen wir das Kirchlein. Nachdem wir auch noch den eindrucksvollen Friedhof besichtigt, machten sich unsere Magen bemerkbar. Es wurde dann auch mit Dünnem und Dickem gestärkt an einem nicht so sehr bestem Plätzli am Strassenrand. Aber es plagten uns bald die Anreisen so, dass wir den Weg unter die Füsse nahmen für nach Blatten. Das war so schön zum Laufen und wir konnten alle die Naturschönheiten geniessen, mit den gebräunten Walliserhüsli, dessen Stil man sonst nirgends sieht. In Blatten besuchten wir das erste Mal eine Wirtschaft, es gab da gute Suppe und die wo nicht Suppe mochten, fanden sonst eine Spezialität.
Einige bewährte Frauen gingen unterdessen Tee kochen und zwar an einem prächtigen Platz an der Lonza. Hier liessen wir uns alle nieder, jedes bekam Tee und es war ein Austausch von Speise und Trank, dass es ein Eindruck nach voller Zufriedenheit machte. Man sah auch da und dort ein Räuchlein aufsteigen, von gewohnten und ungewohnten Cigaretten-Rauchern.
Die Uhr hatte es besonders eilig, denn wir mussten bald Aufbrechen. Viele Frauen gingen mit den Postautos nach Kippel und die andern auf Schustersrappen. Wie abgemacht trafen wir uns im Hotel Lötschberg. Auch hier fehlte die Gemütlichkeit nicht. Es war wohl die Walliser Gelassenheit schuld daran. Der hochw. Herr Präses hatte es nicht mit Stimmen zu thun. Als die Jasstätigen fertig gejasst hatten mussten wir leider Abschied nehmen von dem schönen Kippel und den Postautos nach Goppenstein fahren für wieder mit der Bahn weiter nach Kadersteg.
Die Obwaldner Autos waren hier bereit und führten uns auf allgemeinen Wunsch noch an den Blausee, wo wir noch die bekannte Forellenzucht besichtigten oder eine Gondelfahrt machten.
Der Aufenthalt war kurz bemessen denn jetzt mussten wir ans Heimgehen denken. Bereits wieder in den Autos kamen die ersten Regentropfen, aber das machte uns nichts. Schlimmer sah es aus, als wir am Brienzersee entlang gegen den Brünig fuhren, da war eine schwarze Wand von einem Gewitter. Man konnte kaum glauben, dass der Chauffeur das Licht brauchte zum Fahren, so dunkel und neblig war es auf dem Brünig.
Bei strömendem Regen stiegen wir in Lungern aus und nahmen Abschied von unserem hochw. Herrn Präses der unser Ausflug mit seinem wohlgemeinten Humor und den Erklärungen verschönert hat. Herzliches vergelts Gott im Namen aller Mitreisenden.
Auch den älteren Frauen die mit uns gekommen danken wir, denn auch sie haben mit uns alle Freude geteilt und waren lustig. Wir hoffen, dass beim nächsten Ausflug wieder viele kommen können den ein Klimawechsel tut allen gut.
M. Gasser-Imfeld, Aktuarin